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Programmieren für Kindergartenkinder und Grundschulkinder der Klassen 1 und 2 - wozu soll das gut sein? Hier führen wir Tagebuch zu einem Einsatz von ScratchJr in einer zweiten Grundschulklasse. Wenn wir damit interessierte Schulen und Lehrer für dieses Thema begeistern können, sind unsere Erfahrungen vielleicht bei einer Wiederholung des Projekts in einem neuen Kontext nützlich. Die Tagebuch-Einträge enthalten Download-Links für alle verwendeten Materialien. Vorlagen und Arbeitsblätter sind auch unter der Rubrik Downloads verfügbar.

Informatik in die Grundschule

Drei Thesen

Drei Thesen leiten uns bei unserer Arbeit:

  1. Informatik gehört in die Grundschule. So wie jetzt schon Naturwissenschaften und Technik. Verpflichtend für Jungen und insb. für Mädchen.
  2. IT-Systeme gestalten - darum geht es in der Informatik. Nicht lernen, wie man Google und Powerpoint benutzt, sondern wie man neue Ideen mit IT-Mitteln gestaltet.
  3. Schulfach Informatik ist gebündeltes Anwendungsfeld anderer Fachinhalte. Informatik hat großes interdisziplinäres Potential - größer als manch andere Inhaltsbereiche des Sachunterrichts. Dies lässt sich vor allem in der Grundschule durch anwendungsorientierte Bündelung von Themen aus verschiedenen Fächern gewinnbringend nutzen: in einem eigenen Fach Informatik.

Weiter unten erläutere ich diese Thesen und nenne Beispiele.

Unser bisheriger Beitrag

In unserem Projekt nutzen wir in einer 2. Klasse Tabletcomputer gestalterisch zur Programmierung von Geschichten, Animationen und Spielen (These 2.). Wir binden dabei Lerninhalte anderer Fächer ein (These 3.). Durch Einsatz der Lernumgebung ScratchJr können wir gleichermaßen Mädchen wie Jungen für diese häufig herausfordernde Arbeit begeistern (These 1.).

Besonderen Wert legen wir auf Lernformen, die mit der üblichen Betreuungsdichte von einer Lehrkraft pro Klasse auskommen.

Wir finden, dass die Informatik ihr gerade bei Mädchen verbreitetes Hacker-Image loswerden muss, und zwar durch frühe Einbindung in Bildungsprozesse und durch Betonung des interdisziplinären und kommunikativen Charakters. Wird Informatik nur von “Nerds” betrieben, verpasst Deutschland Entwicklungschancen. Dazu ist es einerseits notwendig, Bildungsstandards für ein Schulfach Informatik zu entwickeln, wie dies durch eine Arbeitsgruppe derzeit unter der Überschrift Bildungsstandards Informatik für den Primarbereich diskutiert wird. Andererseits ist zu erproben, wie die durch die Informatik zu schulenden Kompetenzen praxisnah mit einem Informatikansatz verknüpft werden können, der Lehrinhalte und Phänomene anderer Schulfächer aufgreift, diese analysiert, modelliert und in IT-Systemen implementiert. Letzterem haben wir uns in unserem Projekt “Code for competence” verschrieben.

Beispiele und Erläuterungen zu den drei Thesen

  1. Informatik gehört in die Grundschule. Kinder sollten in der Schule ihre Umwelt verstehen lernen. So wie sie physikalische, biologische, chemische und technische Prozesse ergründen, sollten sie auch digitale Prozesse verstehen und gestalten lernen. Da schon das Leben von Grundschulkindern maßgeblich durch IT-Systeme geprägt wird, sollte dieser Lernprozess spätestens in der Grundschule beginnen. Die in Niedersachsen existierende schulcurriculare Verankerung der Informatik in den Sekundarstufen II und I sollte daher auf die Primarstufe ausgedehnt werden. Nicht zuletzt kann dies der technikfernen Interessenlage vieler älterer Mädchen bereits früh im Grundschulalter entgegen wirken.

  2. IT-Systeme gestalten - darum geht es in der Informatik. Informatik in der Grundschule soll Kompetenzen jenseits von Anwenderwissen aufbauen. Nur am Rande zur Informatik gehört eine Einweisung in die Nutzung von Google oder Powerpoint. Zentral zur Informatik gehört das Lernen von Prinzipien von IT-Systemen durch deren aktive Gestaltung. Alltägliche Gegenstände wie Spielautos, Fahrkartenautomaten oder das neueste Handy-Spiel zu analysieren und in ihre Informatikaspekte wie Daten, Algorithmen und Zustände zu zerlegen, ebnet Kindern den Weg, eigene Ideen als neues Programm, als neue Animation, als neuen Automaten zu gestalten.

  3. Schulfach Informatik ist gebündeltes Anwendungsfeld anderer Fachinhalte. Wie kaum eine andere Wissenschaft ist Informatik interdisziplinär angelegt. IT-Systeme lösen Anwendungsprobleme in fast allen Lebensbereichen. Informatikunterricht in der Grundschule kann und sollte ebenso interdisziplinär angelegt sein, indem es Aspekte aus anderen Fächern in einem zusammenhängenden IT-System aufgreift. Ein Beispiel: die Programmierung und Animation einer Hase-und-Igel-Geschichte mit Tabletcomputern kann Aspekte anderer Fächer aufgreifen:

    • Religion/Soziales Lernen: Man soll sich über vermeintlich unterlegene Mitmenschen nicht lustig machen. Die Animation könnte Varianten der Geschichte durchspielen, in denen der Hase sich sozial akzeptabel verhält.
    • Deutsch: Lesen und Verstehen des Märchentextes.
    • Kunst/Musik: Die Animation lässt sich bildlich und akustisch Gestalten.
    • Mathematik: Modellbildung einer Ackerfurche als die Anzahl der vom Hasen auszuführenden Sprünge.
    • Sachunterricht: Wie schnell und wie weit kann ein Hase eigentlich laufen? Hätte ein Kaninchen eine Chance gegen den Hasen gehabt? Es lassen sich diesbezügliche Varianten der Geschichte realisieren.
    • Informatik: Formalisiert das Märchengeschehen durch eine Ablaufbeschreibung und durch den Austausch von Botschaften zwischen dem Igel und seiner Frau.
    • Sport: Die Geschichte und die Botschaften lassen sich in einer Choreographie nachspielen.
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