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Programmieren für Kindergartenkinder und Grundschulkinder der Klassen 1 und 2 - wozu soll das gut sein? Hier führen wir Tagebuch zu einem Einsatz von ScratchJr in einer zweiten Grundschulklasse. Wenn wir damit interessierte Schulen und Lehrer für dieses Thema begeistern können, sind unsere Erfahrungen vielleicht bei einer Wiederholung des Projekts in einem neuen Kontext nützlich. Die Tagebuch-Einträge enthalten Download-Links für alle verwendeten Materialien. Vorlagen und Arbeitsblätter sind auch unter der Rubrik Downloads verfügbar.

Laura geht zur Oma - Seitenwechsel

Im ersten Tagebucheintrag erläutere ich die Hintergründe des Projekts C4C, in dem wir ScratchJr in einer 2. Grundschulklasse einsetzen, um mit den Kindern an verschiedenen Lernzielen zu arbeiten.

In diesem Beitrag beschreibe ich den Ablauf der neunten Stunde.

Vorbereitung

Auf dem Lehrernotebook bereiten wir ein ScratchJr-Projekt mit drei Seiten vor:

(Videodownload: hier)

Die drei Seiten sind Stationen eines Spaziergangs der Protagonistin Laura, die eine Einladung ihrer Oma bekommen hat. Die drei Seiten sind noch nicht durch automatische Seitenwechsel miteinander verbunden.

Von jeder der drei Seiten erstellen wir einen DIN A4 Ausdruck.

Einführung

Die Kinder versammeln sich im Halbrund vor der Projektionsfläche. Der Lehrer zeigt das vorbereitete Projekt im Vollbildmodus. Dazu erzählt er eine Geschichte:

Laura hat von ihrer Oma eine Einladung bekommen. Laura wohnt in der großen Stadt, in der es viel Verkehr gibt. Die Oma wohnt auf dem Lande. Um zur Oma zu gelangen, muss Laura erst einmal durch die große Stadt gehen (der Lehrer startet die erste Seite des vorbereiteten Projekts). Als nächstes läuft Laura durch einen Park (der Lehrer schaltet von Hand auf das nächste Bild um und startet das Programm auf der zweiten Seite). Laura läuft durch den Park. Im Park blüht es frühlingshaft, ein Hase sitzt auf dem Rasen. Schließlich kommt Laura in das Dorf, in dem die Oma wohnt (der Lehrer schaltet von Hand auf die dritte Seite und startet das dritte Programm). Laura läuft zum Haus der Oma und begrüßt sie. Die Oma freut sich. Laura freut sich auch, denn es gibt bestimmt leckeren Kakao und Kuchen.

Gemeinsam mit den Kindern bespricht der Lehrer nun einige Einzelheiten. Wer kann mir beschreiben, wo Laura wohnt? “Auf der linken Seite in dem roten Haus”. Und welchen Weg muss Laura gehen? “Von links nach rechts.” Und in welche Richtung läuft Laura im Park? “Von rechts nach links.” Ist das ein Park in der Stadt oder auf dem Lande? “In der Stadt - man kann die Stadt sehen.” Warum läuft Laura denn wieder zurück von rechts nach links? Hier kommt keine Antwort. Der Lehrer erklärt, dass wir die Szene nun von der anderen Seite sehen. Auf der ersten Seite ist die Stadt von vorne zu sehen, auf der zweiten Seite von hinten. Auf der dritten Seite beginnt das Programm der Oma mit einem Baustein. Wer kennt den noch? “Warten!” Und wie lange wartet die Oma? “55”. Und warum wartet sie? “Weil sie sonst zu früh springen würde und Laura noch nicht da wäre.”

Seitenwechsel

Die drei Ausdrucke werden an die Tafel gepinnt. Gemeinsam mit den Kindern bringt der Lehrer diese in die richtige Reihenfolge. Wie hieß das nochmal auf dem zweiten Bild? Genau, ein Park ist das. Und das dritte Bild zeigt was? Genau, das Dorf, in dem die Oma wohnt.

Der Lehrer macht darauf aufmerksam, dass wir eben immer von Hand auf die nächste Seite schalten mussten. Schaut Euch einmal genau das Programm der Laura auf der ersten Seite an. Er zeigt dieses Programm nun in der Projektion:

Da fehlt doch was. Wer weiß es? “Der Ende-Baustein.” Genau. Und es gibt da nun noch mehr Ende-Bausteine. Der Lehrer zeigt die beiden zusätzlichen Bausteine:

Gemeinsam mit den Kinder identifiziert er die Ziffern 2 und 3, die auf Seiten 2 und 3 der Geschichte verweisen. Ein Kind darf den Baustein mit der 2 ans Ende von Lauras Programm hängen und dieses laufen lassen. Die Klasse beobachtet, wie das Bild automatisch am Ende wechselt und es im Park automatisch weiter geht. Entsprechend ergänzt ein weiteres Kind nun im Park-Laura-Programm den Seitenwechsel-Baustein zur dritten Seite.

Bis hierher haben wir etwa 20 Minuten benötigt. Nun soll sich eine Arbeitsphase anschließen. Die Kinder erhalten die folgende Aufgabe.

Aufgabe

  • Erstellt ein neues Projekt.
  • Erstellt drei Seiten: Stadt, Park und Dorf. Der Lehrer zeigt hierbei in der Projektion, wie man neue Seiten hinzufügt.
  • Programmiert Laura so, dass sie durch die drei Seiten läuft.
  • Verbindet die Seiten mit den neuen Seitenwechsel-Bausteinen.
  • Wenn Ihr damit fertig seid, dürft ihr die Geschichte ausschmücken (Stadtverkehr, hoppelnde Hasen, flatternde Schmetterlinge, Begrüßung der Oma, etc.)

Eine Nachfrage eines Kindes lautet: “Sollen wir das Projekt vom letzten Mal verwenden?” Nein, erstellt bitte ein neues Projekt. (Hintergrund ist natürlich der Lerneffekt, dass die Kinder das beim letzten Mal Gelernte heute repetieren müssen.)

Arbeitsphase

Wir verteilen die Tablets und die Kinder legen los. Die Arbeitsphase dauert nun etwa 50 Minuten. Während dieser Zeit gehen wir herum und helfen. Die größten Schwierigkeiten bestehen in den folgenden Punkten, die wir ausschließlich durch individuelle Beratung bearbeiten:

  • Laura muss im Park weiter nach links als nach unten gehen, und das ganze auch noch möglichst schräg. Das bekommen nicht alle Kinder hin. Einige Kinder bauen endlos lange Programme und haben den Wiederholung-Baustein vom letzten Mal vergessen.
  • Einige Kinder haben nicht aufgepasst und vergessen, wie man automatisch einen Seitenwechsel programmiert.
  • Einige Kinder haben Schwierigkeiten, auf der dritten Seite die perspektivische Verkleinerung zusammen mit den Bewegungen nach rechts und nach oben in einen Wiederholung-Block zu programmieren. Dass die Verkleinerung genauso periodisch stattfindet wie die Bewegungen, ist offenbar nicht leicht zu verstehen.
  • Einige Kinder weichen der Herausforderung, dass Laura den Bildschirm schräg überqueren soll, aus, indem sie sie einfach z. B. 12 Schritte nach links und dann 8 Schritte nach unten laufen lassen. Hier müssen wir individuell motivieren, die Herausforderung anzunehmen.
  • Andere Kinder wollen die Herausforderung durchaus annehmen, kommen aber partout nicht weiter. Sie programmieren z. B. so etwas, um Laura durch den Park zu navigieren:

    und erkennen dabei nicht, dass Laura weiter nach links als nach unten laufen muss, um wirklich im unteren linken Eck anzukommen.

In der Arbeitsphase war es ganz sicher nicht nachteilig, dass wir zu zweit betreuen konnten. Allerdings wäre auch eine einzige Betreuungsperson heute nicht überfordert gewesen. Einige Kinder hätten etwas länger auf Hilfe warten müssen. Insgesamt waren die Kinder heute diszipliniert bei der Sache. Zum Ende der Arbeitsphase sind viele Kinder inkl. Verschönerungsarbeiten fertig. Wir beobachten eine mit dem Stimmrekorder aufgezeichnete Unterhaltung zwischen Laura und Oma, viele Sprechblasen, verschiedene umherlaufende Tiere, einen dazu kommenden Opa, etc.

Alle Kinder haben drei Seiten hinbekommen. Alle bis auf ein Kind haben Seitenwechsel programmiert. Gefühlte 70% der Kinder haben den Wiederholung-Baustein genutzt, um diagonale Bewegungen und simultane perspektivische Verkleinerung zu realisieren.

Ausblick

Beim nächsten Mal wollen wir diejenigen Kinder noch einmal an dieses Projekt setzen, die nicht ganz fertig geworden sind. Wir wollen dadurch erreichen, dass wirklich alle Kinder die Probleme, die bei diesem Projekt zu lösen sind, lösen. Die anderen Kinder wollen wir eine freie eigene Projektidee realisieren lassen. Wer keine Idee hat, soll sich aus von uns vorgeschlagenen Projektideen eine aussuchen und diese mit eigenen Ideen ausbauen.

Weiter im Tagebuch

Der nächste Eintrag berichtet von der zehnten Stunde.

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