C4C — code for competence    Home     Info     Tagebuch-Archiv     Veröffentlichungen     Downloads     Feed

Programmieren für Kindergartenkinder und Grundschulkinder der Klassen 1 und 2 - wozu soll das gut sein? Hier führen wir Tagebuch zu einem Einsatz von ScratchJr in einer zweiten Grundschulklasse. Wenn wir damit interessierte Schulen und Lehrer für dieses Thema begeistern können, sind unsere Erfahrungen vielleicht bei einer Wiederholung des Projekts in einem neuen Kontext nützlich. Die Tagebuch-Einträge enthalten Download-Links für alle verwendeten Materialien. Vorlagen und Arbeitsblätter sind auch unter der Rubrik Downloads verfügbar.

Grüne Fahne und Ende-Baustein

In einem vorherigen Tagebucheintrag erläutere ich die Hintergründe des Projekts C4C, in dem wir ScratchJr in einer 2. Grundschulklasse einsetzen, um mit den Kindern an verschiedenen Lernzielen zu arbeiten.

In diesem Beitrag beschreibe ich den Ablauf und unsere Erfahrungen in der dritten Stunde.

Vorbereitung

Wir werden die beiden Bausteine “Grüne Fahne” und “Ende” einführen. Die beiden Bausteine hatten wir schon beim letzten Mal auf je einer DIN A4 Seite ausgedruckt. Diese Ausdrucke legen wir bereit.

Weiterhin möchten wir heute eine Variante von “Kommando Pimperle” spielen. Die A4-Ausdrucke der Kommandos legen wir ebenfalls bereit.

Wir wollen diesmal erstmals einige der von Kindern erstellten Programme auf die Wand projizieren. Dazu testen wir kurz die technischen Voraussetzungen (USB-Verbindung und Start von mobizen - Details im ersten Post.

Wir planen wieder 60 Minuten ein. Die Struktur der Stunde soll der letzten gleichen, um etwas Normalität in den Ablauf zu bringen. Nach einer Wiederholung und einer Einführung neuer Befehle soll eine Session an der Tafel mit gemeinsamer Arbeit folgen. Darauf dann Einzelarbeit.

Einstieg

Wie gehabt beginnt der Tag mit projektfremden Einstiegsritualen.

Die Kinder setzen sich wieder auf ihren Platz. Der Lehrer zeigt den Ausdruck des Kommandos “Pimperle” und fragt in die Runde, was dieses Kommando bedeutet. Welche weiteren Kommandos kennt Ihr noch? Der Reihe nach werden diese in Erinnerung gerufen und der entsprechende Ausdruck hochgehalten.

Der Lehrer erläutert: heute wollen wir das Spiel mal etwas anders spielen. Wenn ich “Kommando Pimperle” sage, dann sollt Ihr das Kommando befolgen. Wenn ich aber nur “Pimperle”sage, dann müsst Ihr stattdessen die Hände um Euren Bauch schlingen. Genauso ist es bei den anderen Befehlen. Nur bei “Kommando Faust” legt Ihr die Fäuste auf den Tisch. Usw.

Der Lehrer spielt, die Kinder spielen mit und machen dabei natürlich Fehler. Nach und nach verstehen alle den Unterschied zwischen “Kommando X” und “X”.

Der Lehrer erklärt noch einmal, dass es sich bei “Hoch”, “Flach” usw. um Kommandos oder Befehle handelt.

Zwei neue Befehle

Der Lehrer pinnt zwei neue Befehle an die Tafel: Grüne Fahne und Ende. Die Kinder sollen beschreiben, was sie sehen. Eine grüne Fahne auf gelbem Grund und ein roter Baustein. Der Lehrer erklärt, dass wir diese Farben schon von der Ampel kennen. Grün bedeutet: “Losgehen”, Rot bedeutet “Anhalten”. So etwas ähnliches bedeuten die beiden Befehle auch für die Katze Scratch. Das werden wir uns gleich genauer ansehen.

Wiederholung: Figuren hinzufügen

Alle Kinder versammeln sich auf Teppichfliesen im Halbrund vor der Leinwand (“Kino”). In einem neuen ScratchJr-Projekt bewegt der Lehrer die Katze nach links unten. Wer kann noch eine weitere Figur hinzufügen und nach rechts unten setzen? Während ein Kind dies am Smartboard durchführt, erklärt der Lehrer noch einmal, wie man eine neue Figur hinzufügt. Es sollen nun noch zwei weitere Figuren von verschiedenen Kindern hinzugefügt und in die beiden oberen Ecken verschoben werden. Zuletzt wird noch eine sehr große Figur, ein Wal, in die Mitte gesetzt. Das sieht dann etwa so aus:

Figuren löschen

So. Jetzt haben wir aber doch ein paar Figuren zu viel. Wie bekommen wir den Wal und die beiden oberen Figuren wieder weg? Ein Kind weiß es und demonstriert es vorne (lange antippen und dann das rote X betätigen). Ein anderes Kind soll diesen Vorgang verbalisieren. Es kommt auf das “lange” antippen an.

Entsprechend löschen andere Kinder weitere Figuren. Es verbleiben die Katze links unten und die Figur Tic rechts unten.

Wiederholung: ein einfaches Programm schreiben

Der Lehrer fragt: wer kann ein Programm schreiben, so dass die Katze in die Mitte läuft? Ein Kind steht auf, bewegt den “Rechts”-Baustein in den Programmberereich und tippt mehrfach darauf. Alle Kinder sollen mitzählen. Bei 7 steht die Katze ungefähr in der Mitte. Das Kind trägt die 7 unter dem Baustein ein.

Wiederholung: zurück zum Anfangspunkt

So, welches Kind möchte das Programm jetzt laufen lassen? Aber oh je, wie bekommen wir die Katze eigentlich zuerst wieder an ihren Startpunkt? Einige Kinder würden die Katze nach links schieben. Andere wissen noch, wozu der Befehl “Zum Anfangspunkt” gut ist. Der Lehrer weist darauf hin, dass es diesen Befehl sogar rechts oben gibt, d. h. man muss diesen Befehl nicht extra in den Programmbereich ziehen.

Zum Anfangspunkt

Ein Kind darf die Katze nun mit dem Befehl “Zum Anfangspunkt” zurück setzen und dann das Programm starten.

Neu: eine zweite Figur programmieren

Nun wollen wir Tic programmieren. Der Lehrer erklärt, dass man dazu erst einmal Tic auf der linken Seite antippen muss. Wer möchte Tic in die Mitte laufen lassen? Ein Kind verwendet den “Links”-Baustein. Die Klasse zählt mit. Das Kind trägt 7 unter dem Baustein ein.

Erneut erinnert der Lehrer daran, dass man Tic nun mit dem “Zum Anfangspunkt”-Befehl zurück setzen kann. Dann darf ein Kind auch dieses Programm starten.

Mehrere Programme gleichzeitig starten

Der Lehrer fragt: wer möchte denn die beiden Programme mal beide gleichzeitig starten? Einige Kinder verstehen das Problem nicht. Sie würden einfach erst einmal das eine Programm starten und dann das andere. Ein Kind darf das Katze-Programm starten, ein anderes Kind das Tic-Programm. Die beiden Figuren treffen sich in der Mitte.

Wie kann man denn nun beide Programme gleichzeitig starten, dass die beiden Figuren aufeinander zu laufen? Dazu brauchen wir die grüne Fahne! Die grüne Fahne findet Ihr im gelben Befehlsbereich. Außerdem sollte man ein Programm immer beenden. Dazu gibt es den Ende-Baustein im roten Befehlsbereich.

Je ein Kind darf die beiden Bausteine in die beiden Programme einbauen. Ein drittes Kind startet nun beide Programme gleichzeitig mit der grünen Fahne rechts oben.

Ein Wettrennen duplizieren

Die Kinder nehmen wieder ihre Sitzplätze ein. Wir teilen die Tablets aus. Der Lehrer bittet die Kinder, ihm zu folgen und das Programm nachzuprogrammieren, das er vorne vormacht. Wir veranstalten ein Wettrennen. Zuerst programmieren wir die Katze. Sie soll links unten starten und dann 15 Schritte nach rechts machen und am Ende einen Luftsprung. Das Programm ist das folgende:

Das gleiche Programm bekommen nun nacheinander Tic und der Hase. Dann starten wir das Programm mit der grünen Fahne rechts oben.

Die Kinder können nicht alle folgen. Aber viele kopieren das Programm Schritt für Schritt und vollziehen es nach.

Es schließt sich eine kurze 5-Minuten-Pause an.

Freiarbeit

Nun bekommen die Kinder den Auftrag, sich eine eigene Geschichte auszudenken und diese zu programmieren. Sie sollen mindestens drei Figuren verwenden, die sich gleichzeitig bewegen sollen. Die Kinder bekommen 15 Minuten Zeit. Danach dürfen einige Kinder ihr Programm vorne am Smartboard allen Kindern vorführen.

In den folgenden 15 Minuten helfen der Lehrer und ich mit Rat und Tat. Manche Kinder müssen erst noch das Wettrennen zu Ende programmieren. Die Kinder dürfen auch Bausteine benutzen, die noch nicht “dran waren”.

Ein Kind hat offenbar inzwischen ScratchJr zu Hause und wusste durch häusliches Training, wie man Sprechblasen und den Stimmenrekorder benutzt. Viele benutzen bereits Hintergrundbilder. Ein Kind verwendet bewusst nicht den normalen Ende-Baustein, sondern den Baustein “Endloswiederholung”.

Am Ende der Freiarbeit thematisiert der Lehrer, dass mehrfach Kinder versuchen, den Startzustand eines Programms durch Verschieben der Figuren wiederherzustellen. Er erinnert noch einmal an den “Zum Anfangspunkt”-Befehl.

Teilen

Die Kinder versammeln sich wieder vorne vor der Projektionswand. Wer möchte sein Programm einmal vorführen? Ich schließe das Tablet der sich meldenden Kinder an und wir starten die Programme jeweils im Vollbildmodus. Manche Programme sind unvollständig. Offenbar wurden sie nicht richtig gespeichert. Die Kinder sollen in Worte fassen, was sie sich bei ihrem Programm gedacht haben.

Ein Programm, das den Stimmenrekorder verwendet, konnte nicht angemessen demonstriert werden, weil die Lautstärke des Tablets nicht geeignet geregelt und an einen externen Lautsprecher übertragen werden konnte. Das müssen wir uns nochmal aus technischer Sicht genauer ansehen.

Abschluss

Der Lehrer fragt in die Runde: Was ist ein Programm? Die Kinder sind offenbar ziemlich k.o. Eine zufriedenstellende Antwort kommt nur mit einiger Hilfe: Ein Programm besteht aus Befehlen, die die Figuren befolgen.

Der Lehrer fragt, wozu der Baustein mit der grünen Fahne dient. Die Antworten lassen den Aspekt der Gleichzeitigkeit bei der Ausführung vermissen. Der Lehrer erklärt dies noch einmal. Ich ergänze, dass der Baustein mit der grünen Fahne so ähnlich ist, wie das Wort “Kommando” beim Pimperle-Spiel. Nur wenn das Wort “Kommando” dazu gesagt wird und nur wenn die grüne Fahne da ist, werden die Befehle befolgt.

Die beiden neuen Bausteine werden an der Seitentafel zu den dort schon vom letzten Mal hängenden Befehlen dazu gehängt. Wir sammeln die Tablets ein. Diese haben immer noch einen Ladezustand von 80-90 Prozent. Laden also noch nicht erforderlich.

Aus den 60 Minuten sind wieder einmal 75 Minuten geworden.

Nachbetrachtung

Die Kinder waren diesmal erstaunlich gut bei der Sache. Es gab während der Phase, in der das Programm dupliziert werden musste, erfreulich wenige Kinder, die sich mit privaten Projekten beschäftigten.

In der Phase, in der eigene Geschichten erdacht werden mussten, hatten einige Kinder wenig Phantasie. Sie programmierten erneut ein Wettrennen - nur mit anderen Tieren und leicht variierten Laufweiten und Sprunghöhen.

Während der Freiarbeit waren wir mit zwei Betreuungspersonen für heute 22 Kinder nicht überfordert. Wäre nur eine Betreuungsperson anwesend gewesen, hätten einige Kinder etwas auf Hilfe warten müssen oder hätten sich die Hilfe vielleicht bei Nachbarn geholt.

Ich überlege, wie man der Ratlosigkeit einiger Kinder begegnen könnte, als es an die Freiarbeit ging. Man könnte denjenigen Kindern, die keine kreativen eigenen Ideen für eine Geschichte haben, eine Geschichte in Form weniger Sätze vorgeben, die sie dann programmieren sollen. Etwa so:

Der Hase und der gelbe Vogel wollen sich zum Spielen auf dem Schneeplatz in der Mitte zwischen den beiden Bäumen treffen. Der Hase wohnt unten links auf dem Boden. Der Vogel wohnt oben rechts auf dem Baum. Programmiere für beide Tiere den Weg zur Mitte. Dort hüpfen und drehen sich die Tiere vor Freude. Dann gehen sie wieder nach Hause.

Haben die Kinder heute über die Programmierung hinaus etwas gelernt?

  • Einigen Kindern war anzumerken, dass das Auseinanderhalten von Rechts und Links durchaus noch einigen Trainings bedarf - was sie in dieser Stunde genossen haben.
  • Den Bezug zu den Farben rot und grün auf der Ampel wurde von uns kaum ausgeschlachtet und ist für Kinder der 2. Klasse wohl auch kein interessantes Thema mehr. Die Analogie könnte man vielleicht für Kindergartenkinder stärker betonen.
  • Das Spiel Kommando Pimperle kann gut eingebaut werden und dient neben dem sowieso bestehenden Nutzen, die Aufmerksamkeit zu trainieren, der Motivation des Befehls-Begriffs.
  • Die Demonstration des eigenen Programms vor der Klasse und die Aufforderung, dieses zu erläutern, kann genutzt werden, Hemmungen überwinden zu lernen.

Wie geht es weiter?

Davon berichte ich im nächsten Tagebucheintrag.

Die zweite Stunde ←    → Arbeitsblätter und Hintergründe